Kommentar Margrit Bürer

Margrit Bürer ist eine wichtige Vertreterin des Community Video-Ansatzes in der Schweiz. Sie hat während vielen Jahren verschiedensten Gruppen den Zugang zum Medium Video ermöglicht: Kindern und Jugendlichen, Seniorinnen und Senioren, Frauen mit und ohne Migrationshintergrund und auch Aktivistinnen und Aktivisten in alternativen Kulturzentren in Zürich, die sich das Medium Video aneignen wollten. Ich kenne Margrit Bürer gut, weil wir mehr als zehn Jahre zusammen ein Team waren. So arbeiteten wir unter anderem gemeinsam am Film Die langen Ferien, bei dem es um das Rentenalter ging.

Margrit Bürer: «Die Jungen führten die Alten ins Videofilmen ein. Da konnten wir Jungen etwas vermitteln. Andererseits erfuhren wir von den Lebensrealitäten der Alten in unserer Gruppe, was ohne gemeinsames Projekt nicht möglich gewesen wäre. Wie sich das weiterentwickelte und wie wir zusammen einen Prozess gestalteten, ist für mich eine schöne Erinnerung. Video war ein Motor, um das alles zu machen.» Als der Film fertig war, wurde er für die Pro Senectute, die das Projekt mitfinanziert hatte, zu einem Renner. Diese Stiftung für das Alter sowie viele staatliche Institutionen und private Firmen setzten den Film als Diskussionshilfe in der Vorbereitung auf die Pensionierung ein. Es war uns offenbar gelungen, die Thematik der Pensionierung so umzusetzen, dass es bei den Leuten ankam: Aha, da redet jemand so wie ich! Und nicht Herr oder Frau Professorin, die mir sagt, was ich nach der Pensionierung machen muss und wie ich mich darauf vorzubereiten habe.» (vgl. Margrit Bürer Video 12.46: Filmen mit Seniorinnen und Senioren)

Wer sich für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen interessiert, schaue sich das Video The Mission an. Margrit Bürer über die Videoarbeit mit Kindern: «Wir stellten fest, dass sie vor allem nachspielen, was sie am Fernsehen sehen. Zu Beginn dachten wir: Das darf doch nicht sein! Bei uns könnten sie doch eigene Geschichten aus ihrem realen Leben entwickeln. Wir mussten aber einsehen, dass es so auch gut war, wie sie es machten. Indem Kinder TV spielen, kommen sie zu einem neuen Verständnis vom Fernsehen – und irgendwann kommen ihre eigenen Geschichten dann schon zum Vorschein.» (vgl. Margrit Bürer Video 10.36: Von Kindern lernen)

Ich wünsche eine anregende Videolektüre!

Heinz Nigg

Das unabhängige Videoschaffen und das internationale Phänomen der Jugendbewegungen in Europa befeuerten sich in den 1970er- und 1980er-Jahren gegenseitig: Die jungen Aktivisten entdeckten das Video als neues Medium, brachten Proteststimmungen zum Ausdruck und kämpften um autonome kulturelle Freiräume. Videoproduktionen entstanden partizipativ, unmittelbar und schnell; sie markieren einen wichtigen Schritt ins digitale Zeitalter.

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