Um was ging es den Videoaktivistinnen und Videoaktivisten im London der 80er-Jahre? Mark Saunders meint dazu, dass es den vielen Leuten, die bei ihm in der Gruppe Despite TV mitmachten, vor allem um soziale Gerechtigkeit und Medienpartizipation ging: «Es waren hauptsächlich Menschen wie ich, die sich für die Nutzung der Medien im Sinne der sozialen Gerechtigkeit interessierten und sonst keinen anderen Kanal fanden, um ihre praktischen Möglichkeiten auszuloten. Im Lauf der Jahre gingen ungefähr 300 Leute durch Despite TV. Wir hatten joblose Studentinnen und Studenten und solche, die sich zum Beispiel für die Musikindustrie interessierten, aber arbeitslos waren.» (vgl. Mark Saunders Video 10.20: Social justice and media participation)
Despite TV macht bis heute investigativen Videojournalismus; ein eindrückliches Dokument ist Battle of Trafalgar. Der Film erzählt die Geschichte der Londoner Demonstrationen vom 31. März 1990 gegen die Kopfsteuer und wirft Fragen auf zur öffentlichen Ordnung, zu Polizeieinsätzen, zur Unabhängigkeit und zur Verantwortung der Medien sowie zum Demonstrationsrecht.
Mark Saunders ist überzeugt davon, dass investigativer Videojournalismus auch heute noch intensiv und aufwändig ist: «Es reicht nicht, nur mit seinem Handy herumzulaufen und ein paar Bilder einzufangen, um eine Veränderung in der Welt zu bewirken.» (Mark Saunders Video: 19.50: Another vision of change)
Ich wünsche anregende Videolektüre!
Heinz Nigg
Das unabhängige Videoschaffen und das internationale Phänomen der Jugendbewegungen in Europa befeuerten sich in den 1970er- und 1980er-Jahren gegenseitig: Die jungen Aktivisten entdeckten das Video als neues Medium, brachten Proteststimmungen zum Ausdruck und kämpften um autonome kulturelle Freiräume. Videoproduktionen entstanden partizipativ, unmittelbar und schnell; sie markieren einen wichtigen Schritt ins digitale Zeitalter.